Aktienmarkt ist chancenreich

Robert Olstein ist Chef der Investmentgesellschaft Olstein Funds. Bereits 1971 war er Mitbegründer des „Quality of Earnings Report“. Dieser leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von Screening-Verfahren, um aus diesen Schlussfolgerungen bei der Analyse von Bilanzen und Erfolgsrechnungen abzuleiten. Diese dienten dem Ziel, institutionellen Investoren rechtzeitig positive oder negativen Faktoren eines Unternehmens aufzeigen, die seine zukünftige Ertragskraft und damit auch den Wert beeinflussen.

Valueinvesting.de, 11. September 2008

Seit Auflegung des Olstein Financial Alert Fund im Jahre 1995 erzielte dieser bis Ende 2007 eine durchschnittliche Rendite von 13,82% p.A.. Im 1. Halbjahr 2008 lag die Rendite von Robert Olstein mit Minus 27,6% allerdings deutlich hinter dem S&P 500, der im selben Zeitraum nur 13% an Wert verloren hat.

Robert Olstein hält den derzeitigen Aktienmarkt für chancenreich, nachdem extremer Pessimismus zu niedrigen Bewertungen einer großen Anzahl von Aktien führte. Er vertritt die Auffassung, dass die Kreditkrise zu ihrem Ende finden wird, die Immobilienpreise ihre Talsohle erreichen und der Ölpreis seinen Höchstwert bereits gesehen hat.

Ganz konkret geht Olstein davon aus, dass der Ölpreis seinen bisherigen Höchststand für viele Jahre nicht mehr übersteigen wird. Die US-Hauspreise sollten nach seiner Einschätzung ihren Boden innerhalb der nächsten sechs Monate ausbilden, aber einige Jahre an Zeit benötigen, bis sie wieder ansteigen. Die Finanzkrise sieht Robert Olstein in der finalen Phase, sodass die Kreditmärkte in absehbarer Zukunft wieder normal funktionieren werden. Unter diesen Umständen sollte auch der amerikanische Verbraucher damit beginnen, seine Ausgaben wieder zu steigern.

Durch die Verlangsamung der entwickelten Volkswirtschaften haben neben Öl auch andere Rohstoffe damit begonnen, ihre Preise zu verbilligen. Auch die Aktien von Öl- und Rohstoffunternehmen haben schon deutliche Korrekturen erfahren, während Frühzykliker wie consumer discretionary (Die Branche consumer discretionary hat einen großen Anteil an den S&P 500 Unternehmen. Der Begriff beschreibt Konsumgüter, die nicht dem täglichen Gebrauch zuzuordnen sind, da der Konsument bei diesen Gütern nach seiner „discretion“ entscheiden kann, ob er sie kaufen möchte oder nicht.) oder Finanzaktien an positiven Börsentagen bereits die Führerschaft am Aktienmarkt übernommen haben.

Olstein merkt an, dass consumer discretionary und Finanzaktien in vergangenen Rezessionen bereits ein Jahr, bevor die Wirtschaft tatsächlich drehte, die Position der Marktführerschaft übernahmen.

Die Kurse vieler Aktien in seinem eigenen Portfolio sieht Robert Olstein auf einem Niveau, als ob die Unternehmen niemals wieder gedeihen würden. Beispielhaft nennt er die Aktien von namhaften Gesellschaften wie die Citigroup, Microsoft oder American Express. Olstein betont, dass er bei diesen Unternehmen mit der Bewertung des Aktienmarktes nicht übereinstimmt und erwartet eine nachhaltige Aufwärtsbewegung, da die aktuellen Kurse vieler Aktien unter rezessiven Bedingungen nach unten hin offensichtlich überreagiert haben.

Eine große Anzahl Aktien wird nach Einschätzung Olsteins bepreist, als ob sich der Börsenhimmel niemals wieder aufhellt und positive Anlagerenditen der Vergangenheit angehörten. Insbesondere geht Robert Olstein davon aus, dass derzeit eine Mehrheit der Aktien aus den Branchen Finanzen, Gesundheit, Konsumgüter und Technologie zu Preisen gehandelt werden, die weit von ihrer Fähigkeit entfernt liegen, zukünftige freie Cash Flows zu generieren.

Olstein sieht die Gewinne der meisten amerikanischen Unternehmen mit Ausnahme der Finanzbranche wieder ansteigen. Die Liquidität der Investoren befindet sich auf einem hohen Niveau, während die Unternehmensliquidität bereits Rekordniveaus erreicht hat. Das allgemeine Zinsniveau liegt auf einem historisch niedrigen Level. Beispielsweise betragen die Zinsen von 10jährigen US-Staatsanleihen 4%; im Vergleich zu 6% gegen Ende der Börsenhausse in den späten 1990er Jahren.

Außerdem registriert Olstein, dass der Finanzsektor seine Fremdkapitalaufnahme verringert. Finanzdienstleistungsunternehmen stärken ihre Bilanzen und werden an der Börse ungeachtet dieser Verbesserungen nahe oder sogar auf ihren zyklischen 10-Jahres-Tiefs gehandelt. Für Robert Olstein besteht daher kein Zweifel, dass Finanzaktien auf den am meisten überverkauften Niveaus seit der letzten großen Kaufgelegenheit in 1990/1991 notieren.