Warum ist dieser Bärenmarkt so viel schwieriger als Frühere?

Diese Frage behandelte John Rogers in seinem letzten Quartalsbericht an die Anteilseigner der Investmentgesellschaft Ariel Capital Management, nachdem der Aktienmarkt gemessen anhand der S&P 500 Unternehmen im Juni 2008 sein schlechtestes Ergebnis in seit 78 Jahren erzielte.

Valueinvesting.de, 07. September 2008

So ging der Standard & Poor’s 500 um 8,6% zurück. In einem Juni schnitt der Index zuletzt im Jahre 1930 noch schlechter ab, als der Aktienmarkt um 16,5% an Wert verlor. In der ersten Jahreshälfte 2008 ging der Standard & Poor’s 500 Index um 12,8% zurück, aktuell liegt das amerikanische Börsenbarometer seit Jahresbeginn sogar um 15,4% im Minus.

(Anmerkung: Der Deutsche Aktienindex (DAX) hat seit Ende 2007 noch stärker als der amerikanische Standard & Poor’s 500 nachgegeben. Aktuell beträgt der Rückgang des DAX seit Jahresanfang 23,8%.)

In der 25jährigen Historie von Ariel Capital Management erlebte John Rogers bereits verschiedenste Marktbedingungen. Dabei bewertet er das Jahr 2008 als eines der zähesten. Dies begründet er wie folgt:

Nachdem sich ein Bullenmarkt in einen Bärenmarkt umkehrt, wechseln normalerweise die Aktien, die den Markt zuvor angeführt haben. Beispielsweise verzeichneten Technologieaktien von Ende 1998 bis Anfang 2000 einen Anstieg um rund 230% und gingen anschließend in den ersten acht Monaten des darauf folgenden Bärenmarktes um 40% zurück. Dieses Mal sieht das Ganze etwas anders aus.

In den vergangenen Jahren kamen die Anführer am Aktienmarkt aus dem hoch volatilen Rohstoffbereich und insbesondere aus den energienahen Industrien. Bevor der Aktienmarkt im November vergangenen Jahres anfing einzubrechen, verzeichneten diese Aktiengattungen in dem davor liegenden 5-Jahres-Zeitraum laut Aussage von John Rogers einen Anstieg von fast 280%. Und gegen Ende des 1. Halbjahres 2008 haben diese Aktien noch einmal 13% zugelegt, während der Gesamtmarkt um 16% zurückging.

Auch das Wall Street Journal stellte in seiner Ausgabe vom 21. Juli 2008 fest, dass Momentum Investoren, die Fundamentaldaten ignorieren und nur den Markttrends folgen, große Gewinne mit Aktien aus dem Energie- und Grundstoffebereich erzielten, während Value Investoren, die nach günstig bewerteten Aktien Ausschau halten, das Nachsehen hatten, indem sie sich von den gut laufenden Ölaktien fernhielten und die bereits stark gefallenen Aktien der Banken und Finanzdienstleister weiter an Wert verloren.

Doch worin unterscheidet sich das aktuelle Marktumfeld von der Vergangenheit? Hierzu führt John Rogers aus, dass in allen von Spekulation getriebenen Märkten, wie der Nifty Fifty Blase Anfang der 1970er Jahre (Nifty Fifty waren damals hoch bewertete Aktien, die dennoch weiter gekauft wurden), der Internetblase oder sogar der erst kürzlich geplatzten Immobilienblase, die empor schnellenden Vermögenspreise nicht notwendigerweise diejenigen beeinträchtigte, die nicht in diese Segmente investiert waren. Diese Personen und Institutionen haben lediglich nicht vom Boom profitiert.

Dagegen haben die Rekordpreise von Rohstoffen im aktuellen Marktumfeld lediglich die Kurse einer kleinen Untergruppe von Aktien beflügelt, während eine Vielzahl von Unternehmen nur mit zusätzlichen Kosten belastetet wurde. Diese haben sich naturgemäß dämpfend auf ihre Gewinne ausgewirkt.

Ausblick

Nach dieser Analyse wird man eventuell überrascht sein, dass John Rogers derzeit voller Optimismus in die Zukunft blickt. Neben der alten Börsenweisheit, dass die Zeiten des größten Pessimismus die besten Zeiten zum Kaufen sind, führt Rogers an, dass momentan alle schlechten Nachrichten bekannt und die von Angst getriebenen Aktien überverkauft sind. Somit sind günstige Aktien für ihn reichlich vorhanden.

Zudem gibt John Rogers an, dass das Aktienportfolio von Ariel Capital Management – relativ zu den Kurs-Gewinn-Verhältnissen verschiedener Benchmarks – auf Sicht der vergangenen 25 Jahre so niedrig wie noch nie zuvor bewertet ist. So notieren die Vermögenswerte derzeit mit dem größten Abschlag zu ihrem Inneren Wert, seit diese Maßzahl von John Rogers‘ Investmentgesellschaft für jede einzelne Aktie berechnet wird.