Warren Buffett zur Finanzkrise

Im Rahmen eines Interviews mit Charlie Rose vom 01. Oktober sagte Warren Buffett, dass er in seinem ganzen Leben nicht soviel volkswirtschaftliche Angst gesehen habe, wie heute.

Valueinvesting.de, 03. Oktober 2008

Zudem erklärte Buffett, dass der amerikanische Kongress nach seiner Auffassung das Richtige tut, er selbst sich aber erst besser fühlen wird, nachdem die notwendigen Gesetzte verabschiedet wurden. Darüber hinaus warnte Warren Buffett vor äußerst schrecklichen Konsequenzen, falls der Kongress nicht früher oder später handeln sollte. Dies sind Buffetts Aussagen zur gegenwärtigen Finanzkrise im Detail:

Warren Buffett erklärt die heutige Angst der Menschen durch den Zusammenbruch der Kreditmärkte, den sie hautnah erlebt haben. Des Weiteren seien die Bürger um ihre Geldmarktfonds besorgt, obwohl ihnen die Regierung bereits ein Angebot gemacht hat, sich um diese zu kümmern. Schließlich haben die Amerikaner nach Aussage Buffetts mit ansehen müssen, wie etwa acht Prozent aller Bankeinlagen der Vereinigten Staaten von Institutionen, denen die Menschen vor einigen Monaten noch vertraut haben, äußerst professionell auf andere Institute übertragen wurden. Aus den genannten Gründen ist Buffett der Meinung, dass die Angst der Leute nicht aus der Luft gegriffen ist und sie mit ihren Sorgen richtig liegen. Warren Buffett fügte hinzu, dass die gegenwärtige Krise bereits in sämtlichen Wirtschaftszweigen zu spüren ist und sich noch deutlich verschärft, wenn nichts getan wird.

Mit dem Rettungspaket der US-Regierung ist Buffett im großen und ganzen einverstanden. Zwar hält er es nicht für perfekt, glaubt aber auch nicht, dass er selbst einen perfekten Plan entwerfen könnte. Aus diesem Grund nennt er das US-Rettungspaket lieber „ungefähr richtig“ und würde es für absolut falsch halten, wenn der Plan scheitert. Warren Buffett ist der Meinung, dass die amerikanische Wirtschaft nach wie vor hervorragend ist, hält die Intervention der Regierung in der momentanen Situation allerdings für unbedingt notwendig. Gleich im nächsten Satz bezeichnete er die aktuelle Lage als wirtschaftliches Pearl Harbor, was zwar pathetisch klingt, von Warren Buffett aber erstmalig mit diesen Vokabeln formuliert wurde. Deshalb ergänzte er, dass die von ihm gewählte Bezeichnung wirklich zutreffend ist.

Warren Buffett hält seine Formulierung für zutreffend, da die Vergabe von Krediten derzeit eingefroren ist und niemand mehr bereit ist, neue Darlehen zu gewähren. Er begründet diese Einschätzung mit einem Verkauf von Schatzanweisungen in Höhe von 40 Mrd. Dollar aus der vergangenen Woche. Dieser Verkauf von 7tägigen Schatzwechseln wurde mit einer Rendite von 1/20 Prozent (= 0,05%) abgewickelt. Für Buffett bedeutet dies, dass praktisch eine gesamte Nation – oder zumindest große Teile des Landes – an einem Punkt angekommen sind, an dem die Menschen das Geld unter ihre Matratzen stecken und betont, dass eine gut funktionierende Wirtschaft auf die „Schmierung“ mit Krediten und Vertrauen angewiesen ist.

Und das Vertrauen ist nach seiner Einschätzung verloren gegangen, was er für ein riesiges Problem hält. Denn in der ganzen Welt kann Warren Buffett beobachten, dass die wichtigsten Institutionen mit der Reduzierung ihres Verschuldungsgrades beschäftigt sind, indem sie ihre Vermögenswerte und ihre Verbindlichkeiten versuchen abzubauen. Was für diese Institutionen nach Aussage Buffetts noch vor einem Jahr so einfach zu leihen war, wirkt in ihren Augen nun wie „Rattengift“. Folglich sind sie damit beschäftigt, ihre Verschuldung zu verringern. Für Warren Buffett gibt es weltweit aber nur eine Institution, die ihren Fremdkapitalanteil derart erhöhen kann, um hierüber die laufende Entwicklung auszugleichen. Gemeint ist der US-Staat.

Auf die Frage, ob Warren Buffett mit den Maßnahmen, die entlang der einzelnen Stufen der heutigen Krise (angefangen bei Bear Stearns, über Lehman Brothers, die American International Group oder die Verstaatlichung der beiden größten US-Hypothekenfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae) getroffen wurden einverstanden ist, antwortet er, dass grundsätzlich die richtigen Dinge getan wurden, die Finanzkrise aber nun mit voller Härte zuschlägt. Die Schwierigkeit sieht Warren Buffett darin, dass man z.B. im Fall von Bear Stearns noch gedacht hat, das dass Problem mit der Übernahme durch JPMorgan erledigt sei. Dennoch folgte eine Zuspitzung der Situation nach der anderen, die jeweils eine Reihe einzelner Ad-hoc-Reaktionen zur Folge hatten, da der amerikanische Kongress zum Handeln erst den Ausbruch einer richtigen Krise wie heute benötigte.

Folglich sieht Buffett die US-Regierung in einer Art tragischem Spiel, da den Abgeordneten im Kongress erst bewusst werden musste, in welcher Situation sich die Wirtschaft und das Land befinden. Nach Einschätzung von Warren Buffett ist inzwischen allerdings auch den Amerikanern klar, dass eine Welt, in der die Kreditinstitute Tag für Tag versuchen ihre Finanzinstrumente zu veräußern, und in der die Vergabe von neuen Krediten nahezu zum Erliegen gekommen ist, nur der US-Staat als geeignete Gegenkraft in Frage kommt.