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Mr. Market im Sommer 2023

Die diesjährige Performance des Aktienmarktes konzentriert sich auf einige wenige US-Mega-Cap Unternehmen und wurde fast ausschließlich durch eine Expansion der Gewinnmultiplikatoren angetrieben.

Infolgedessen notieren die großen Aktienindizes, wie der Standard & Poor´s 500, der MSCI World oder der NASDAQ Composite, wieder nahe ihrer im Jahr 2021 erreichten Höchststände.

Chart: Naspaq, S&P 500, MSCI World Index

In seinem aktuellen Marktkommentar hat sich der Value-Manager Bill Nygren den mit der jüngsten Entwicklung einhergehenden Klumpenrisiken gewidmet und verweist auf ein Gesetz der US-Börsenaufsicht SEC aus dem Jahr 1940, nach dem ein diversifizierter Fonds nicht mehr als ein Viertel seines Vermögens in Positionen halten sollte, die jeweils mehr als 5% seines Portfolios ausmachen.

Dagegen können Fonds, die in ihren größten Beteiligungen stärker konzentriert sind, bis zur Hälfte ihres Portfolios in Positionen investieren, die jeweils mehr als 5% des Fondsvermögens ausmachen, müssen sich jedoch als nicht diversifizierte Fonds registrieren lassen, um die Anleger auf ihr höheres Risiko hinzuweisen.

Konzentrationsrisiko bei Indexfonds

In seinem Kommentar weist Bill Nygren darauf hin, dass Indexfonds im Vergleich zu aktiv verwalteten Investmentfonds im Allgemeinen als risikoarm gelten, einige von ihnen in der aktuellen Marktphase jedoch die Risikowarnung „nicht diversifiziert“ erfordern.

Beispielsweise machen die fünf größten Positionen des NASDAQ 100 Index 47% seines Wertes aus, da die Indexgewichtungen auf der Marktkapitalisierung basieren und auf die größte Position Microsoft bereits 13% entfallen.

Darüber hinaus macht der Technologiesektor 51% des NASDAQ 100 aus. Schließlich liegt die Summe der Positionen, die jeweils über 5% Indexanteil aufweisen, ebenfalls bei 47%, während sich Tesla und Meta Platforms noch jeweils knapp unter der 5%-Schwelle befinden.

Sollte eines dieser Unternehmen die 5%-Schwelle überschreiten, würde die SEC einem konzentrierten Fonds nicht gestatten, neues Kapital mit der gleichen Gewichtung wie im Index zu investieren.

Laut Nygren erfordert auch ein Russell 1000 Growth Index die Warnung „nicht diversifiziert“, da 37% seiner Marktkapitalisierung aus Aktien stammen, die mit jeweils mehr als 5% gewichtet sind. Und obwohl im Index 1.000 Unternehmen enthalten sind, machen die zehn größten Positionen mehr als die Hälfte der Indexkapitalisierung aus.

Dies führte dazu, dass die Manager vieler aktiv verwalteter Wachstumsfonds die Aktionäre um Erlaubnis gebeten haben, ihre Portfolios in der risikoreicheren Kategorie „nicht diversifiziert“ zu verwalten. Andernfalls könnten Fondsmanager, die sich am NASDAQ 100 oder am Russell 1000 Growth Index orientieren, nicht im erforderlichen Umfang in die größten Aktien ihrer Benchmarks investieren.

Dagegen weist der Russell 1000 Value Index nicht das gleiche Konzentrationsrisiko wie sein wachstumsorientiertes Pendant auf. Seine größte Position ist Berkshire Hathaway mit einem Anteil von 3%. Die 10 größten Positionen machen nur 17% und 71 Beteiligungen die Hälfte des Index aus. Der größte Sektor Finanzdienstleistungen ist nur knapp halb so stark gewichtet, wie der Technologiesektor im Wachstumsindex.

Das Rätsel der Konzentration

Auch der Value-Manager Richard Pzena greift die hohe Indexkonzentration in seinem Kommentar zum zweiten Quartal 2023 auf und sagt, dass die anhaltende Outperformance der Mega-Caps einer historischen Betrachtung nicht standhält. Für disziplinierte Value Investoren können diese Aktien aber die Chancen von morgen sein.

Pzena führt aus, dass die diesjährige Wertentwicklung des Aktienmarktes, gemessen am Russell 1000 Index, zu 73% auf nur 10 Aktien beruhe, während die 10 wichtigsten Titel im historischen Durchschnitt lediglich 41% der Index-Performance ausgemacht haben. Dabei legten die Top 10 Aktien um 59% zu, während ihre historische durchschnittliche Wertsteigerung nur bei 25% liegt.

Zudem wurde die Performance im bisherigen Jahresverlauf, anders als in der Vergangenheit, überwiegend durch die Ausweitung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse und nicht durch das Gewinnwachstum bestimmt.

Gemäß den Daten des Research Unternehmens FactSet erzielten die 10 wichtigsten Indexwerte seit dem Jahr 1980 etwas mehr als die Hälfte ihrer Renditen durch Gewinnwachstum. In diesem Jahr stammt jedoch 96% der Rendite aus der Ausweitung des Gewinnmultiplikators.

Richard Pzena hält es für wichtig daran zu erinnern, dass eine extreme Multiplikator-Expansion noch nie einen zuverlässigen und nachhaltigen Beitrag zur langfristigen Performance geleistet hat und weniger als 10% der historischen Marktgewinne ausmacht.

Die heutigen Lieblinge werden die Value-Aktien von morgen

Wie bereits der Vater des Value Investing Benjamin Graham mit seinem Horaz-Zitat „Viele werden auferstehen, die jetzt gefallen sind, und viele werden fallen, die jetzt in Ansehen stehen“ deutlich machte, ist auch Richard Pzena bereit, Mega-Cap beziehungsweise Technologieaktien zu kaufen, solange sie zu vernünftigen Preisen gehandelt werden.

Laut seiner Erfahrung waren die Indizes das letzte Mal ähnlich stark im Jahr 1999 konzentriert, als seine Investmentfirma gerade einmal drei Jahre existierte. Zu diesem Zeitpunkt blieb Pzenas Performance um stolze 60% hinter dem Markt zurück. Später investierte er aber zu stark reduzierten Preisen in neun der zehn größten Unternehmen dieser Zeit.

In der heutigen Aktienmarktentwicklung sieht Richard Pzena Parallelen zu damals und meidet die Mega-Cap Wachstumslieblinge. Dagegen findet er im günstigsten Quintil des Marktes gute Unternehmen, die mit einem statistischen Abschlag von 31% gegenüber ihrem langfristigen Durchschnitt gehandelt werden.

Einen Aktienmarkt, der wie in der ersten Hälfte dieses Jahres von „stimmungsgetriebenen, außer Kontrolle geratenen“ Mega-Cap-Wachstumsaktien dominiert wurde, betrachtet Pzena als Test für die Disziplin eines Anlegers. Er ist zuversichtlich, viele dieser Aktien eines Tages zu günstigeren Preisen kaufen zu können.

Quellen:
In Kategorie: Börse

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Veröffentlicht von

Guten Tag, mein Name ist Mario Wolff. Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Value Investing. Wenn Du magst, kannst Du meinem Blog auf Twitter folgen oder den Feed abonnieren.

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