Seth Klarman: Ratschläge in fallenden Aktienmärkten

In einer Rede vom 02. Oktober 2008 an der Columbia Universität gab Seth Klarman Ratschläge für das Richtige Verhalten in fallenden Aktienmärkten.

Valueinvesting.de, 10. Oktober 2008

Dabei warnte Klarman insbesondere vor der Gefahr, sich zu früh zu engagieren. Denn wenn ein Aktienmarkt erst einmal 20% – 30% gefallen ist, gibt es nach den Worten von Seth Klarman keine Möglichkeit vorherzusagen, wann sich die Kurse wieder beruhigen werden. Zwar wäre es töricht zu erwarten, dass jeder Börsencrash in einer Wirtschaftskrise endet, doch Aussagen, ob ein Markt fair bewertet oder unterbewertet ist, sind nach seiner Einschätzung ebensowenig möglich.

Seth Klarman weist auf das Problem hin, dass Investoren in fallenden Aktienmärkten ständig in Versuchung stehen, zu kaufen. Der Grund hierfür ist, dass sie mit verlockend aussehenden Chancen förmlich bombardiert werden. Klarman gibt aber zu bedenken, dass man niemals wissen kann, wie tief Aktienkurse fallen. Stattdessen gibt er Anlegern den Ratschlag, sich in schweren Zeiten an die Weisheiten von Graham und Dodd zu erinnern und bei ihren Anlagegrundsätzen zu bleiben, anstatt Markttiming betreiben zu wollen. Seth Klarman sagt, dass man auf dem Weg nach unten verführerischen Schnäppchen, aber auch falschen Gelegenheiten begegnen wird. Seine Empfehlung lautet aber eindeutig: „Ignoriere makroökonomische Zusammenhänge und achte darauf, billig zu kaufen.“

Nach Klarmans Einschätzung verlieren in einem Aktienmarkt, wie wir ihn aktuell erleben, viele Anleger ihre Orientierung und begeben sich auf eine makroökonomische Ebene, indem sie nach Signalen für eine mögliche Wende suchen. Value Investoren sollten aber in der Lage sein, ihren Fokus nicht aus den Augen zu verlieren und sich an die Situation von Benjamin Graham im Jahre 1934 zu erinnern. Investoren, denen dies gelingt, werden nach Aussage von Seth Klarman erfolgreich sein. Auch in schwierigen Zeiten.

Klarman empfiehlt, sich die „Landkarte“ von Graham und Dodd ins Gedächtnis zu rufen, sobald die Aktienkurse fallen. Für ihn bedeutet dies die Orientierung an Grahams Konzept der Sicherheitsmarge. Das allein ist zwar noch keine Garantie, dass ein Anleger kein Geld verliert. Nach der Ansicht von Seth Klarman bedeutet das Vorhandensein einer Sicherheitsmarge aber, dass ein weiterer Preisverfall zu einer noch günstigeren Gelegenheit führt.

Konkret empfiehlt Klarman das folgende Vorgehen:

  1. Aktien von Unternehmen mit hohem Fremdkapitaleinsatz, Junk Bonds und Finanzaktien sollen gemieden werden.
  2. Die Suche nach billigen Aktien soll in verschiedenen Branchen und Ländern erfolgen.
  3. Bei der Aktienauswahl soll der Schwerpunkt primär auf dem Wert eines Unternehmens und nicht auf dessen Größe oder dem Management liegen.

Darüber hinaus mahnt Seth Klarman den Anleger an, mit großer Sorgfalt zu arbeiten und sich auf die lange Sicht zu konzentrieren. Hierzu geben Graham und Dodd die notwendige Motivation. Nach den Worten Klarmanns fungieren sie wie stille Wächter und sind der Nordstern für Value Investoren.

Anleger sollen sich auch selektiv und entschlossen von den allgemein vorherrschenden Meinungen abheben. Seth Klarman gibt zu, dass Value Investoren unter Umständen für eine bestimmte Zeit schlechter als der Aktienmarkt abschneiden werden. Doch die Kursrückgänge sollen nach seiner Meinung dazu genutzt werden, die durchschnittlichen Einstandskosten zu senken. Klarman ermutigt den Anleger, aufgrund vorübergehender Verluste nicht zu leiden, sondern diese anzuerkennen oder gar zu genießen. Denn der Kauf von Aktien, die gerade in der Gunst der Anleger stehen, ist eine Garantie für langfristige Unterperformance.

Seth Klarman hält es für wichtig, sich bewußt zu machen, dass Investoren lediglich ihr Vorgehen und ihre Anlagestrategie kontrollieren können. Aus diesem Grund müssen Anleger verstehen, dass es nicht möglich ist, die Launen des Aktienmarktes zu prognostizieren oder gar zu beherrschen. Das Investieren sollte nur nach eigenem Glauben und eigener Analyse erfolgen. Zudem rät Klarman professionellen Investoren zu Gleichgültigkeit, wenn sie kurzfristig orientierte Kunden verlieren sollten.

Das eigene Vorgehen zu kontrollieren ist für Seth Klarman entscheidend, sodass er zur Konzentration auf den Anlageprozeß und nicht zur Konzentration auf kurzfristige Ergebnisse rät. Nach seiner Ansicht ist es leicht, während einer andauernden Unterperformance seine Anlagestrategie zu ändern. Klarman sagt aber voraus, dass eine Strategie, die sich an der Stimmung, an nachträglicher Kritik oder an Angst orientiert, scheitern wird und alles andere, als der Blick auf die langfristigen Ergebnisse, den Investmentprozeß korrumpieren wird.

Für Seth Klarman ist Value Investing eine Art Kunst und keine exakte Wissenschaft. Folglich trägt Value Investing dem Umstand Rechnung, dass für den Anleger keine perfekten Informationen vorliegen. Mechanische Regeln hält Klarman daher für gefährlich und gibt den Prinzipien von Graham und Dodd den Vorzug.