Christopher Browne über das Value Investing

In der New York Sun wurde ein aktuelles Interview mit Christopher Browne, dem Managing Director der Investmentgesellschaft Tweedy, Browne, veröffentlicht, in dem es um die Art und Weise geht, wie die Firma in dem heutigen Marktumfeld die Methoden des Value Investing anwendet.

Valueinvesting.de, 20. September 2007

Christopher Browne erklärte, dass man bei Tweedy, Browne den innerhalb der Investmentbranche weit verbreiteten Top-Down Ansatz meidet und stattdessen lieber nach Unternehmen sucht, die die seinerzeit von Benjamin Graham aufgestellten Bedingungen erfüllen. Allerdings in einer auf die moderne Zeit angepassten Form.

Dies bedeutet, dass Tweedy, Browne nach Unternehmen Ausschau hält, die gemessen an ihrem wirtschaftlichen Wert zu konservativen Kurs-Gewinn-Verhältnissen gehandelt werden, gesunde Bilanzen aufweisen und über vielversprechende Gewinnaussichten verfügen. Oder anders ausgedrückt. Tweedy, Browne sucht nach dem gleichen Typ Aktien, die auch Private Equity Gesellschaften anziehen.

Darin sieht Christopher Browne auch das eigentliche Problem des derzeitigen Investmentumfeldes. Der Grund ist, dass Private Equity Gesellschaften heutzutage über enorme finanzielle Mittel verfügen und mit diesen sehr schnell die Aktien solider Unternehmen aufkaufen, an denen auch Tweedy, Browne interessiert wäre. Folglich müssen sich Christopher Browne und seine Partner derzeit ordentlich anstrengen, um gute Investmentideen ausfindig zu machen.

Das ist einer der Gründe, weshalb die Gesellschaft im Mai 2006 für neue Kunden geschlossen wurde. Mit diesem Schritt wollte Tweedy, Browne mangels einer ausreichenden Anzahl unterbewerteter Aktien die Performance der bestehenden Kunden schützen. Christopher Browne sagt, dass seine Gesellschaft für neue Kunden eventuell wieder geöffnet wird, falls sich die aktuellen Bewertungsniveaus verändern. Zur Zeit haben die Investmentteams in New York und London aber Probleme, günstige Aktien zu finden.

Eine Quelle, wo sie momentan noch fündig werden, sind Unternehmen, deren Aktienkurse sich aufgrund von negativen Überraschungen stark verbilligt haben. So trat Tweedy, Browne beispielsweise als Käufer des Versicherungskonzerns American International Group (AIG) auf, als das Unternehmen wegen eines Bilanzbetruges angeklagt wurde. Die Aktie der American International Group notiert aktuell bei 68 $, während der Aktienkurs zur Zeit des Skandals bis auf 50 $ zurückging.

Eine vergleichbare Situation gab es bei dem Kontaktlinsenhersteller Bausch & Lomb, als das Unternehmen die Auslieferung seiner Produkte vorübergehend unterbrach. Die Bausch & Lomb Aktie verlor daraufhin 15% ihres Wertes und notierte in den Folgemonaten nochmals tiefer. Tweedy, Browne war von der Stabilität des zugrundeliegenden Geschäfts überzeugt und kaufte die Aktie für 40 $, nachdem sie kurz zuvor noch für 80 $ gehandelt wurde.

Im Nachhinein scheinen solche Entscheidungen leicht gewesen zu sein. Doch in dem Moment, in dem man die betreffenden Aktien kauft, braucht es Mut. Und dieser kann nur aus Überzeugung entstehen. Während des Technologiebooms gegen Ende der 1990er Jahre, war Tweedy, Browne von den Geschäftsmodellen der damaligen Start-Up Firmen weniger überzeugt und von den Bewertungen am Aktienmarkt abgestoßen. Aus diesem Grund hat die Gesellschaft den Boom einfach ausgesessen und dabei erstaunlicherweise keine Kundengelder verloren.

Schon seit den 1980er Jahren investiert Tweedy, Browne weltweit in unterbewerte Aktien. So änderte die Firma kürzlich den Namen ihres American Value Fund in Value Fund und hob die Beschränkung, dass 80% des Fondsvermögens in amerikanischen Unternehmen investiert sein müssen, auf. Aktuell sind rund Zweidrittel des von Tweedy, Browne verwalteten Vermögens in internationalen Wertpapieren investiert.

Das Flaggschiff des Unternehmens, der Global Value Fund erzielte in den vergangenen zehn Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite von 12,6%, während der Morningstar World Stock Funds Index nur auf 7,9% Rendite kam. Auch vor fünf Jahren konnte Tweedy, Browne den Aktienmarkt outperformen. Damals fiel der Vorsprung mit 12,5% zu 11,2% jedoch geringer aus.

Entgegen anderen Gesellschaften, investiert Tweedy, Browne auch weiterhin ausschließlich in Value Aktien und greift nicht zu alternativen Investments, wie beispielsweise Hedgefonds. Mit dieser für ihn stressfreien Strategie ist Christopher Browne auch sehr zufrieden und stellt die Frage, warum es nicht mehr Value Investoren gibt.