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Worauf es beim Investieren ankommt (und worauf nicht)

In seinem am 22. November veröffentlichten Memo mit dem Titel „What Really Matters“ erörtert Howard Marks, was für Investoren wirklich wichtig ist, oder wichtig sein sollte.

Das Memo begann damit, dass sich Anleger gewöhnlich auf verschiedene Dinge konzentrieren, die seiner Meinung nach keine Rolle spielen. Zu diesen Themen gehören beispielsweise kurzfristige Ereignisse, die Handelsmentalität vieler Investoren sowie der Blick auf kurzfristige Performance und Volatilität.

Howard Marks Memo: What Really Matters
Quelle: oaktreecapital.com

Was keine Rolle spielt

Kurzfristige Ereignisse

Howard Marks gibt zu bedenken, dass es sehr schwierig ist zu wissen, welche Erwartungen in Bezug auf kurzfristig eintretende Ereignisse bereits in den Wertpapierkursen enthalten sind.

Denn die Wertpapierkurse werden durch Ereignisse und die Reaktion der Anleger auf diese Ereignisse bestimmt, die wiederum weitestgehend davon abhängt, wie die Ereignisse mit den Erwartungen der Anleger übereinstimmen.

Makroökonomische Ereignisse und das Auf und Ab der kurzfristigen Geschäftsergebnisse sind unvorhersehbar und nicht unbedingt ein Indikator für die langfristigen Aussichten von Unternehmen (oder für diese relevant). Daher sollte ihnen wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Die Beobachtung zeigt, dass die Wertpapierkurse viel stärker schwanken, als die Wirtschaftsleistung oder die Unternehmensgewinne. Marks stellt die Frage, worauf das zurückzuführen ist?

Seiner Ansicht nach muss es daran liegen, dass das Auf und Ab der Kurse kurzfristig viel stärker von psychologischen Schwankungen der Anleger beeinflusst wird, als von Veränderungen der langfristigen Aussichten der Unternehmen.

Da psychologische Schwankungen kurzfristig eine größere Rolle spielen, als Veränderungen der Fundamentaldaten (und damit schwer vorhersehbar sind), ist der meiste kurzfristige Handel reine Zeitverschwendung.

Handelsmentalität

Marks argumentiert, dass die meisten Menschen Aktien und Anleihen als etwas betrachten, mit dem sie handeln, und nicht als etwas, das sie besitzen.

Die Anleger geben die Eigentümermentalität auf und verhalten sich stattdessen wie Spieler oder Spekulanten, die auf die Entwicklung der Aktienkurse wetten. Die Ergebnisse können seiner Meinung nach oftmals sehr unangenehm ausfallen.

Kurzfristige Performance

Nach Aussage von Howard Marks sollten Anleger ihre Entscheidungen nicht auf kurzfristige Performance oder Ergebnisse stützen, da diese ein irreführendes Bild vermitteln können. „Natürlich sollte man den Renditen in einem Quartal oder Jahr keine große Bedeutung beimessen“, so Marks.

Er sagt weiter, dass die Anlageperformance lediglich ein Ergebnis aus dem gesamten Spektrum der möglichen Renditen ist und kurzfristig stark von zufälligen Ereignissen beeinflusst werden kann. Daher ist die Rendite eines einzelnen Quartals, wenn überhaupt, nur ein sehr schwacher Indikator für die Fähigkeiten eines Anlegers.

Volatilität

Marks spricht sich in seinem Memo vehement dagegen aus, die Volatilität als Definition des Risikos in einem Anlageportfolio zu betrachten. Stattdessen argumentierte er, dass die Wahrscheinlichkeit eines schlechten Ergebnisses ein Risiko darstellt und die Volatilität bestenfalls ein Indikator für das Vorhandensein eines Risikos ist.

Laut Einschätzung von Howard Marks müssen Anleger unbedingt erkennen, dass der Schutz vor Volatilität im Allgemeinen kein kostenloses Gut ist.

Die Reduzierung der Volatilität um ihrer selbst willen stellt für ihn eine suboptimale Strategie dar. Er geht davon aus, dass die Bevorzugung von Vermögenswerten und Ansätzen mit geringerer Volatilität (unter sonst gleichen Bedingungen) zu niedrigeren Renditen führt.

Worauf es wirklich ankommt

Howard Marks ist der Ansicht, dass in der Welt des Investierens vor allem die Performance der eigenen Investments über einen Zeitraum von fünf oder zehn Jahren zählt. Er schreibt:

Was wirklich zählt, ist die Wertentwicklung Ihrer Anlagen in den nächsten fünf oder zehn Jahren (oder mehr) und wie der Wert am Ende des Zeitraums im Vergleich zu dem von Ihnen investierten Betrag und zu Ihren Bedürfnissen aussieht. Manche sagen, dass der langfristige Erfolg aus einer Reihe von Kurzläufen besteht, und wenn man seine Sache gut macht, wird man langfristig erfolgreich sein. Sie denken vielleicht, dass der Weg zum Erfolg darin besteht, häufig zu handeln, um aus den Einschätzungen des relativen Wertes, den Vorhersagen von Popularitätsschwankungen und den Prognosen von Makroereignissen Kapital zu schlagen. Ich glaube das natürlich nicht.

Marks denkt, dass die meisten Menschen erfolgreicher wären, wenn sie sich weniger auf kurzfristige oder makroökonomische Trends konzentrieren und stattdessen hart daran arbeiten würden, einen besseren Einblick in die Aussichten für die Fundamentaldaten über mehrjährige Zeiträume in der Zukunft zu gewinnen.

Des Weiteren vertritt er die Auffassung, dass sich Anleger auf das Ertragspotenzial eines Unternehmens konzentrieren, Unternehmen zu attraktiven Preisen kaufen, an Investitionen festhalten und Änderungen an Investitionen nur dann vornehmen sollten, wenn sich die eigenen Annahmen nicht bestätigen lassen.

„Vermasseln Sie es nicht, indem Sie zu viel Handel treiben. Betrachten Sie das Kaufen und Verkaufen als einen Kostenpunkt, nicht als Profit-Center. Die Anleger sollten einen Weg finden, die meiste Zeit die Finger von ihren Portfolios zu lassen“, sagt Howard Marks.

Da sich durchschnittliche Entscheidungen in den Wertpapierkursen widerspiegeln und zu einer durchschnittlichen Performance führen, müssen überdurchschnittliche Ergebnisse laut Howard Marks auf überdurchschnittlichen Erkenntnissen beruhen.

Dies sind für ihn die wichtigsten Elemente im Investitionsprozess, die er in seinen Memos immer wieder thematisiert hat:

  • Vergessen Sie die kurzefristige Sichtweise, nur die langfristige Perspektive zählt. Betrachten Sie Wertpapiere als Beteiligungen an Unternehmen, nicht als Tauschkarten.
  • Entscheiden Sie, ob Sie an die Markteffizienz glauben. Wenn nein, ist Ihr Markt ineffizient genug, um eine Outperformance zu ermöglichen? Und sind Sie in der Lage, diese Ineffizienz auszunutzen?
  • Entscheiden Sie, ob Sie eher aggressiv oder defensiv vorgehen werden. Werden Sie versuchen, mehr und größere Gewinner zu finden oder sich darauf konzentrieren, Verlierer zu vermeiden, oder beides? Werden Sie versuchen, auf dem Weg nach oben mehr zu verdienen oder auf dem Weg nach unten weniger zu verlieren, oder beides? (Beides ist viel schwieriger zu erreichen, als das eine oder das andere). Im Allgemeinen sollten die Anlagestile der Menschen zu ihrer Persönlichkeit passen.
  • Überlegen Sie, wie Ihr normales Risikoverhalten aussehen sollte – Ihr normales Gleichgewicht zwischen Aggressivität und Defensivität. Auf der Grundlage Ihrer finanziellen Situation, Ihrer Bedürfnisse, Ihrer Wünsche und Ihrer Fähigkeit, mit Schwankungen zu leben. Überlegen Sie, ob Sie Ihr Gleichgewicht je nach Marktgeschehen variieren werden.
  • Nehmen Sie eine gesunde Einstellung zu Rendite und Risiko ein. Machen Sie sich klar, dass „je mehr Renditepotenzial, desto besser“ eine gefährliche Regel sein kann, da ein höheres Renditepotenzial in der Regel mit einem höheren Risiko einhergeht. Andererseits führt eine vollständige Vermeidung von Risiken in der Regel auch zu einer Vermeidung von Rendite.
  • Bestehen Sie auf einer angemessenen Sicherheitsspanne oder auf der Fähigkeit, Zeiten zu überstehen, in denen die Dinge weniger gut laufen, als Sie erwartet haben.
  • Versuchen Sie nicht, die Makroebene vorherzusagen, sondern studieren Sie die Mikroebene, um Ihr Fachgebiet besser zu kennen als andere. Verstehen Sie, dass Sie nur dann Erfolg haben können, wenn Sie einen Wissensvorsprung haben. Und seien Sie realistisch, ob Sie ihn haben oder nicht. Erkennen Sie, dass es nicht ausreicht, sich noch mehr anzustrengen. Akzeptieren Sie die Ansicht, dass der bloße Besitz von „leicht zugänglichen quantitativen Informationen über die Gegenwart“ Ihnen keine überdurchschnittlichen Ergebnisse bescheren wird, da alle anderen diese Informationen ebenfalls haben.
  • Erkennen Sie, dass die Psychologie viel stärker schwankt, als die Fundamentaldaten. Und zwar meist in die falsche Richtung oder zum falschen Zeitpunkt. Verstehen Sie wie wichtig es ist, diesen Schwankungen zu widerstehen. Profitieren Sie, wenn Sie können, indem Sie antizyklisch und konträr handeln.
  • Studieren Sie die Bedingungen im Anlageumfeld, insbesondere das Verhalten der Anleger. Und überlegen Sie, wo die Dinge im Hinblick auf den Zyklus stehen. Machen Sie sich klar, dass der Stand des Marktes in seinem Zyklus stark beeinflusst, ob die Chancen für oder gegen Sie stehen.
  • Kaufen Sie Anleihen, wenn Ihnen die Rendite gefällt, nicht zu Handelszwecken. Mit anderen Worten: Kaufen Sie 9%-Anleihen, wenn Sie der Meinung sind, dass die Rendite Sie für das Risiko entschädigt, und Sie werden mit 9% zufrieden sein. Kaufen Sie keine 9%-Anleihen in der Erwartung, dass Sie dank des Kursanstiegs infolge sinkender Zinssätze 11% erzielen werden.

Für Aktienanleger ist für Howard Marks von entscheidender Bedeutung, dass ihre Hauptziele darin bestehen, (a) am langfristigen Wachstum von Volkswirtschaften und Unternehmen teilzuhaben und (b) vom Wunder des Zinseszins zu profitieren.

Der Glaube, die eigene Performance durch aktive Bemühungen erfolgreich steigern zu können, setzt seiner Einschätzung nach die Annahme voraus, dass ein Investor schlauer ist, als ein Haufen sehr schlauer Leute. Dies führt ihn zum Konzept der Asymmetrie.

Asymmetrie

Asymmetrie ist ein Konzept, dessen sich Howard Marks bereits seit Jahrzehnten bewusst ist und das er von Jahr zu Jahr für wichtiger hält. Es ist sein Wort für die Essenz von „Investment-Exzellenz“ und ein Standard, an dem sich Anleger messen lassen sollten.

Zunächst einmal einige Definitionen:

  • Im Folgenden spricht Howard Marks darüber ob ein Anleger Alpha hat. Alpha ist technisch definiert als Rendite, die über der Rendite seiner Benchmark liegt. Marks zieht es aber vor, es als überlegene Anlagekompetenz zu betrachten. Es ist die Fähigkeit, Ineffizienzen zu finden und auszunutzen, wenn sie vorhanden sind.
  • Ineffizienzen (Fehlbewertungen oder Fehler) liegen vor, wenn der Preis eines Vermögenswertes von seinem fairen Wert abweicht. Diese Abweichungen können sich als Schnäppchen, oder als das Gegenteil, nämlich als überhöhte Preise, erweisen.
  • Schnäppchen werden sich im Laufe der Zeit zuverlässig besser entwickeln, als andere Investitionen, wenn man sie um ihr Risiko bereinigt. Überhöhte Preise bewirken das Gegenteil.
  • Als Beta wird die relative Volatilität eines Anlegers oder eines Portfolios bezeichnet, die auch als relative Sensitivität oder systematisches Risiko beschrieben wird.

Also ist Alpha für Howard Marks eine Fähigkeit, die es einem Anleger ermöglicht, eine bessere Performance zu erzielen als die, die allein durch die Marktrendite und das Beta erklärt wird. Man kann auch sagen, dass Alpha einem Anleger ein Gewinnpotenzial bietet, das in keinem Verhältnis zum Verlustpotenzial steht.

Eine solche Asymmetrie liegt für Howard Marks vor, wenn ein Anleger in der Lage ist, wiederholt einige oder alle der folgenden Dinge zu tun:

  • in guten Märkten mehr Geld verdienen, als er in schlechten Märkten zurückgibt
    – mehr Gewinner als Verlierer haben
  • mehr Geld mit seinen Gewinnern verdienen, als mit seinen Verlierern zu verlieren
  • gut abschneiden, wenn sich seine aggressive oder defensive Ausrichtung als zeitgemäß erweist, aber nicht schlecht, wenn sie es nicht tut
  • gut abschneiden, wenn sein Sektor oder seine Strategie günstig ist, aber nicht schlecht, wenn dies nicht der Fall ist
  • Portfolios so zusammenstellen, dass die meisten Überraschungen nach oben gerichtet sind

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „Investment-Exzellenz“ in der Asymmetrie zwischen den Ergebnissen in guten und schlechten Zeiten liegt. Wenn Ineffizienzen im Markt eines Anlegers vorhanden sind und er über Alpha verfügt, zeigen sich die Auswirkungen laut Aussage von Howard Marks in asymmetrischen Renditen.

Wenn die Renditen keine Asymmetrie aufweisen, hat der Anleger kein Alpha (oder vielleicht gibt es keine Ineffizienzen, die er identifizieren könnte). Umgekehrt gilt: Wenn ein Anleger kein Alpha hat, sind seine Renditen auch nicht asymmetrisch. So einfach ist das!

Fazit

Für Howard Marks ist Asymmetrie am wichtigsten.

Insgesamt zeigt sich die Asymmetrie in der Fähigkeit eines Investors, sehr gut abzuschneiden, wenn die Dinge nach seinen Wünschen laufen, und nicht allzu schlecht, wenn dies nicht der Fall ist. Anleger mit der Fähigkeit, Asymmetrie zu erzeugen, sind etwas Besonderes, weil sie in der Lage sind, aus anderen Quellen als Fortschritten am Aktienmarkt gute Gewinne zu erzielen.

Im Ergebnis geht es im aktiven Anlagegeschäft im Grunde genommen nur um Asymmetrie. Wenn die Performance eines Investment-Managers nicht über das hinausgeht, was durch die Marktrenditen und seiner relativen Risikoposition – die sich aus der Wahl des Marktsektors, der Taktik und dem Grad der Aggressivität ergibt – erklärt werden kann, hat er seine Gebühren nicht verdient.

In der Tat sind für Howard Marks alle Entscheidungen, die ein aktiver Anleger trifft, umsonst, wenn er nicht über überlegene Fähigkeiten oder Einsichten verfügt. Per Definition haben durchschnittliche Anleger und unterdurchschnittliche Anleger für ihn kein Alpha und können keine Asymmetrie erzeugen.

Die große Frage ist, wie man Asymmetrie erreicht. Die meisten Dinge, die Marks in seinem Memo als nicht wichtig beschrieben hat, können dies nicht leisten. Das durchschnittliche Denken aller Anleger produziert Marktpreise und Durchschnittsleistungen. Asymmetrie kann nur von relativ wenigen Menschen mit überlegenem Geschick und Einsicht demonstriert werden.

Der Schlüssel liegt darin, Asymmetrie zu finden!

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In Kategorie: Miscellaneous

Über den Autor

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Guten Tag, mein Name ist Mario Wolff. Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Value Investing. Wenn Du magst, kannst Du meinem Blog auf Twitter folgen oder den Feed abonnieren.

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